Meine Mitmenschen und ich

'Egozentriker gekonnt abholen' ist nicht nur ein Buchtitel, sondern auch ein Prozess, der beschreibt, wie man am besten mit Egozentrikern umgeht.

Wer den Prozess 'Egozentriker gekonnt abholen' beherrscht, wickelt jeden Egozentriker um den Finger.

Das GEOzentrische Weltbild blüht

Durch einen einfachen Buchstabentausch ist es gelungen, auch 400 Jahre nach Galilei das GEOzentrische Weltbild in Form des EGOzentrischen Weltbildes bis in die heutige Zeit zu retten. EGOzentriker sind die Nachfolger der GEOzentriker. Es gibt nicht nur einen Mittelpunkt des Universums, sondern Milliarden Mittelpunkte.

Grob geschätzt sind rund 50 % unserer Mitmenschen Egozentriker. Egozentriker sehen sich selbst im Mittelpunkt und messen ihre Mitmenschen beständig an sich selbst und ihrem eigenen Weltbild. Zu ihnen passt die Einstellung: „Ich denke im Stillen, dass ich besser bin als die meisten meiner Mitmenschen“. Sie sind sich ihrer Egozentrik nicht bewusst. Würde man sie darauf ansprechen, stritten sie das vehement ab. „Ich doch nicht“, sagen sie. „Die anderen ja: da gibt es viele Egozentriker“.

Die deutsche Sprache kennt mehr als 200 Begriffe für Egozentriker. Nachfolgend einige Beispiele, den Persönlichkeitstypen zugeordnet.

Prinzipientreue Perfektionisten: Besserwisser, Rechthaber, Weltverbesserer, Moralapostel, Idealisten, Pedanten, Puritaner, Prinzipienreiter, Ordnungssüchtige, Putzsüchtige, Kritiker, Asketen, Kämpfer für Gerechtigkeit.

Liebesorientierte Helfer: Diener, Gastgeber, Besitzergreifende Intimfreunde, Großsprecherische Freunde, Bemutterungstypen, Scheinheilige, Kletten.

Imageorientierte Selbstdarsteller: Schauspieler, Narzissten, Eitle, Charmeure, Ehrgeizige, Statusbesessene, Utilitaristen, Strahlemännchen, Karrieristen, Siegertypen, Angeber.

Identitätssuchende Individualisten: Künstler, Romantiker, Depressive, Ästheten, Aristokraten, Bohemien, Kreative, Träumer.

Erkenntnisorientierte Denker: Beobachter, Asketen, Analytiker, Experten, Exzentriker, Problemlöser, Wissenschaftler, Gelehrte, Theoretiker, Eigenbrötler, Spezialisten, Forscher.

Sicherheitsorientierte Traditionalisten: Zuverlässige, Zweifler, Loyale, Ambivalente, Kumpel, Sicherheitsbedürftige, Störenfriede, Rebellen, Querulanten, Pessimisten, Miesepeter, Skeptiker, Autoritätsgläubige, notorische Verlierer, Entscheidungsschwache, Konfliktscheue, Quertreiber, Angsthasen, Angstbeißer.

Lebenslustige Lebenskünstler: Trendsetter, Unersättliche, Enthusiasten, Tausendsassa, Entertainer, Optimisten, Frohnaturen, Märchenerzähler, Multitalente, Exzessive, Hyperaktive, Epikureer, Hedonisten.

Durchsetzungsstarke Machtmenschen: Revierbesitzer, Diktatoren, Patriarchen, Abenteurer, Unternehmer, Brummbären, Kämpfer, Grobiane.

Harmonieorientierte Friedenstifter: Friedliebende, Integratoren, Vermittler, Schiedsrichter, Passive, Fatalisten, Resignierte, Harmoniesüchtige, Tagträumer.

Wir sehen schon: Es gibt nicht nur den einen Egozentriker. Egozentriker kommen in den verschiedensten Ausprägungen daher.

Der Umgang mit Egozentrikern

Grundsätzlich gibt es drei Möglichkeiten für den Umgang mit Egozentrikern:

  • der Versuch, sie zu ändern
  • Flucht in eine Phantasiewelt ohne Egozentriker
  • lernen, bestmöglich mit Egozentrikern umzugehen

Bei der ersten Alternative wird versucht, einen Egozentriker zu ändern. Die Idee, ihn so zu beeinflussen, dass er sein Verhalten ändert, ist verlockend, aber meist unrealistisch. Der Versuch scheitert in vielen Beziehungen. Viele Mitmenschen geben sich der Illusion hin, sie könnten ihren Partner „zurechtbiegen“. Egozentriker ändern aber ihr Verhalten nicht. Diese Alternative scheitert in den allermeisten Fällen und hinterlässt Frustrationen und Konflikte.

Die beliebte zweite Alternative besteht darin, sich selbst in eine illusionäre Phantasiewelt zu flüchten, in der Egozentriker nicht vorkommen. Liebesorientierte Helfer und harmoniesuchende Friedenstifter sind besonders anfällig dafür. Sie ziehen sich dabei aus der egozentrisch geprägten Welt in ihr Inneres zurück. Sie igeln sich in ihrer Innenwelt ein und blenden die Egozentriker einfach aus. Allerdings nehmen sie damit auch in Kauf, dass sie bei der Berührung mit der realen Welt immer frustriert und enttäuscht sein werden.

Wer die dritte Alternative wählt, akzeptiert die Situation so wie sie ist. Er lernt, möglichst gut mit Egozentriker auszukommen. Dafür muss er die verschiedenen Typen von Egozentrikern kennen – zum Beispiel den Perfektionisten, den Selbstdarsteller oder den Lebenskünstler. Den eigenen Persönlichkeitstyp kann jeder selbst mit dem DFH-Test herausfinden.

Jeder Egozentriker hat seine eigene individuelle Interessenstruktur. Wer lernt, diese Interessen zu erkennen und zu verstehen, kann besser mit Egozentrikern umgehen als der Unkundige. Kundige können die Interessen der Egozentriker mit den eigenen Interessen abgleichen und Übereinstimmungen finden. Dieses Vorgehen lohnt sich ganz besonders in konfliktträchtigen Dramasituationen, die sonst in endlosen Streitereien enden.

Der erfolgreiche Umgang mit Egozentrikern ist kein lineares Verfahren, also auch keine allgemeingültige Zauberformel. Es ist ein Prozess, in den die aktuelle Situation und die individuelle Interessenstruktur des Egozentrikers eingehen. Dieser Prozess ist auch im Selbststudium erlernbar.

Mehr finden Sie im PbI-Manifest